Samstag, 31 Juli 2021 14:24

Spiritualität und Medien (Teil 1)

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stacheldraht„Vor lauter Medienpräsenz geht die Geistesgegenwart verloren.“ Jürgen Wilbert

Sechs Faktoren sind ausschlaggebend und Not-wendig, um von dukkha (Leid) zu sukha (Freude) zu gelangen : Sehnsucht – Wille – Anleitung – Praxis – Geduld – Unterscheidungsvermögen.

Die meisten Qualitäten davon trage ich in mir: Die Größe der Sehnsucht bedingt die Stärke meines Willens. Je entschlossener mein Wille, umso mehr werde ich die Disziplin für eine Praxis aufbringen. Und nur eine Praxis, die mit Geduld und Unterscheidungsvermögen gepaart ist, führt schlussendlich zum erwünschten Ziel: Zur Freude. Allerdings ist die Überbrückung vom „Willen“ zur „Praxis“ nur durch externe Inputs, durch Vorbilder oder Anleitungen möglich.
(Siehe meinen Blog "Die 5 Stützen der spirituellen Praxis")

Meister und Lehren

Spirituelle Meister und Religionsführer sind sich bewusst, wie essentiell es ist, dass ihre Lehren und Übungen exakt wiedergegeben werden. Denn jedes Gleichnis, jeder Satz und jedes Wort kann ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg sein. Lehrer und Lehren als Weisheits-Quelle waren - und sind - aber nicht unbedingt „open source“ und für jedermann/frau zugänglich. Beispielsweise gibt es in der Zen-Tradition viele Geschichten, wie sehr der Schüler zunächst beweisen musste, dass er tatsächlich ernsthaft auf der spirituellen Suche ist. In unserer schnelllebigen Mouse-Click gewohnten Gesellschaft und im modernen „Wellness-Supermarkt“ ist es kaum vorstellbar, dass man manchmal Jahre ausharren musste, um von einem Meister akzeptiert zu werden und die ersehnten Anweisungen zu erhalten.

Veden, Dhamma, Bibel

Auch im Hinduismus wurden Perlen nicht leichtfertig vor die Säue geworfen. „Den Kern des Veda bilden die Texte der Shruti, das sind von Rishis (Weisen) „gehörte“ Texte, also Offenbarungen. Da es sich um heilige Texte handelt, deren exakte Rezitation wichtig war, wurden sie mit großer Genauigkeit mündlich überliefert. Das Wissen durfte nur an auserwählte Schüler weitergegeben werden. Ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. wurden einzelne Verse vermutlich auch schriftlich aufgezeichnet, aber nach wie vor als brahmanisches Geheimwissen betrachtet. Noch bis in die Moderne blieben die Brahmanen skeptisch gegenüber dem Buchdruck vedischer Überlieferungen.“ (>> mehr dazu)

Upanishaden, der jüngste Teil der Veden, bedeutet „in der Nähe (eines Lehrers) sitzen“, denn nur so kann ihre Weisheit verstanden werden. Deshalb werden sie auch als Geheimlehre bezeichnet. Auch die Lehre des Buddha (Dhamma) war in erster Linie für Mönche und Nonnen gedacht und wurde erst vier Jahrhunderte nach seinem Tod in Form der Tripitaka (Dreikorb) schriftlich festgehalten. Ähnlich war im Christentum die Bibel bis zur ersten deutschen Übersetzung von Luther im 16. Jhd. für das ungebildete Volk eine Art Geheimlehre, die bis dahin immer einen Mittelsmann brauchte, um verstanden zu werden.

Angst als Mittel

Allerdings sind Tempel und Kirchen mit eindrucksvollen Bildern ausgestattet, um Menschen ihren Glauben nachvollziehbar zu vermitteln. Dabei ist auffallend, wie ähnlich in unterschiedlichen Religionen angsterzeugende Höllendarstellungen sind, um sich regeltreue gottes- oder karma-fürchtige Gläubige zu schaffen.
Tatsächlich ist Angst das geeignetste Mittel, um sich die Massen gefügig zu machen. Wie effektiv dies nicht nur durch Religionen funktioniert, sondern auch durch Medien und in der Politik, kann gut in der jüngeren Geschichte und Gegenwart beobachtet werden. Angst blockiert die Intuition und den „Hausverstand“. Daher schafft sie es mit erstaunlicher Leichtigkeit natürliches Verhalten und spontane Lebensfreude durch ver-rückte Normen und eigenartige Regeln zu ersetzen.

Die Kunst der Entfaltung und die Tragik der Verwicklung

Ob sich unsere Existenz schon in diesem Leben in himmlischen Höhen oder in höllischen Tiefen entfaltet, hängt also nicht nur von unseren Genen, unserem Horoskop oder unserem karmischen Rucksack ab. Es hängt auch von unseren „Medien“ ab, die uns Dinge vermitteln und beibringen. Dieses Wort kommt vom lateinischen „medium“ und bedeutet „Mitte“, „Mittelpunkt“ oder „Vermittler“. In der Alltagssprache versteht man darunter oft Kommunikationsmittel, aber die eigentliche Bedeutung geht weit darüber hinaus.

Primäre Medien

Sie sind die Medien des menschlichen Elementarkontaktes, die durch Sprache, Mimik und Gestik stattfinden. Seit Hunderttausenden von Jahren ist dies von unserer Geburtsstunde an die natürlichste und wichtigste Form, wie wir Menschen lernen und uns weiterentwickeln. Auch in der Tierwelt ist dieses Medium zum Leben, Überleben und Fortpflanzen essentiell … und sind wir Menschen nicht doch in vieler Hinsicht Tiere geblieben?

Soziales und asoziales Verhalten

Wird diese Form des sichtbaren und spürbaren Kontaktes vernachlässigt, kann dies dramatische psychosomatische Folgen haben. „So sprechen Bildschirmmedien wie Fernsehen, Computer & Co. nur Augen und Ohren an und konkurrieren daher mit einem ‚Austausch mit allen Sinnen‘. Daher gilt vor allem bei kleinen Kindern: ‚handfeste‘ Erfahrungen sind besser als digitale (Medien-)Erfahrungen.“ (>> mehr dazu)

Diese Faustregel hat auch für uns Erwachsene eine wichtige Bedeutung, aber dies wird uns als soziale Wesen vielleicht erst jetzt so richtig bewusst. Seit 18 Monaten wird der natürliche zwischenmenschliche Kontakt auf eine Art eingeschränkt, wie dies in unserem Leben und in unserer Gesellschaft noch nie der Fall war. Egal wie mathematisch und medizinisch nachvollziehbar bestimmte Maßnahmen für uns Erwachsene erscheinen, unsere Kinder und unsere Seelen werden sie kaum verstehen, da ihre Wahrheiten nicht durch den Verstand geprägt sind. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die demokratisch zweifelhafte Methodik des „Lockdowns“ im Januar 2020 in eine Diktatur wie China erfunden wurde. Die individuellen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieses globalen Experiments sind schon jetzt dramatisch und unvorhersehbar und werden noch lange ihre Kollateralschäden und Narben hinterlassen.

>> Teil 2

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