In Indien gibt es einen Zusammenhang von drei alten Wissenschaften, die in einer heilsamen Art aufeinander aufbauen, übergreifen und sich ergänzen: Ayurveda – Yoga – Advaita-Vedanta
Heilung durch Ayurveda ist möglich, denn diese alte indische Heilkunde ist die Grundlage für unser Wohlbefinden und bringt den Körper ins Gleichgewicht.
• Yoga (im ursprünglichsten Sinn) ist zusätzlich für die Balance des Geistes zuständig.
• Advaita-Vedanta (die Lehre der Nicht-Dualität) lässt die Seele zu ihrem Ursprung zurückkehren und ganzheitlich werden.
Ayurveda als Lebensgrundlage
Um zu verhindern, dass man durch eine ungeeignete körperliche oder spirituelle Praxis in seiner Entfaltung stecken bleibt – oder gar die eigene Mitte und damit die Gesundheit verliert – haben die alten Rishis die Lehre des Ayurveda als eine essentielle Grundlage gesehen. Leider ist mit der Yogawelle in den Westen dieses ganzheitliche „Wissen vom Leben“ nur beschränkt mitgekommen. … und die Folgen sind nicht zu übersehen.
Wird Ayurveda und Yoga (und schließlich auch Advaita) mit Achtsamkeit, Geduld und Unterscheidungsvermögen im Leben integriert, können sich bisher verschlossene Türen zur Heilung von Körper, Geist und Herzen öffnen.
Meine Ayurveda-Erfahrung
Ich hatte das Glück, dass ich bisher mehr als ein Dutzend Jahre in Indien und Sri Lanka gelebt habe, zwei Länder, die bis heute stark von dieser Jahrtausenden alten Tradition geprägt sind. Bedingt durch das scharfe Almosenessen leidete ich als buddhistischer Mönch einige Jahre unter Gastritis. Weder Schulmediziner noch westliche Medizin konnte die Magenentzündung heilen. In meiner Verzweiflung wendete ich mich an einen einfachen Bauern in einem abgelegenen Dorf, der auch ayurvedischer Arzt (Vaidiya) war. Er maß meinen Puls, verschrieb mir selbstgemachte bittere Kräuter und innerhalb von ein paar Wochen hat sich die Gastritis bis zum heutigen Tag verabschiedet.
Seit 2005 habe ich jedes Jahr mehrere Wochen oder Monate in Ayurveda-Zentren verbracht, sei es als Yogalehrer oder als „Patient“. Zusätzlich hat mich mein gutes Karma mit einer Frau verheiratet, die sich seit 20 Jahren mit dieser Gesundheitslehre beruflich beschäftigt und ihr Wissen als Ernährungsberaterin und Köchin weitergibt. Das sind die Gründe warum Ayurveda mit seinen zwei Säulen von Lebensweise und Ernährung in meinem Leben mehr verankert sind, als jede andere Lebensweise oder Tradition.
Grundkonstitution und Ungleichgewicht
Jeder Mensch ist mit einer individuellen Grundkonstitution (Prakriti) geboren, die in unterschiedlichen Maße drei Eigenschaften beinhalten:
• Vata: Wind, Luft Äther als Bewegungsprinzip
• Pitta: Feuer und Wasser als Feuer- bzw. Stoffwechselprinzip
• Kapha: Erde und Wasser als Strukturprinzip.
Gerät eine oder mehrere dieser Grundqualitäten, mit der wir geboren wurden, aus ihrem natürlichen Gleichgewicht, dann wird das Vikriti (Entstellung) oder Dosha (Problemursache) bezeichnet. Das zeigt sich zunächst durch Unwohlsein (Englsch ‚dis-ease‘) und später in Form von Krankheit. So ist es für die meisten westliche Mediziner nicht vorstellbar, dass ein erfahrener Ayurvedaarzt ein Gesundheitsproblem (z.B. durch Pulsdiagnose) feststellen kann, bevor sich überhaupt erste Symptome zeigen.
Das Gesetz von Ähnlichkeit & Gegensatz
Wenn man zwei einfache und gleichzeitig extrem komplexe Grundprinzipien des Ayurveda versteht, dann hat man einen genialen Schlüssel zur Heilung in der Hand.
• Zwei gleiche oder ähnliche Prinzipien verstärken sich
• Gegensätzliche Qualitäten gleichen sich aus
Zum Beispiel: Wenn man nervös ist, dann würde eine Poweryoga-Session die Unruhe wahrscheinlich verstärken. Wenn man sehr müde ist, dann wirkt Shavasana wahrscheinlich als Sprungbrett in die Traumwelt.
Im Ayurveda wird diese Gesetzmäßigkeit als einer der Ursachen für Krankheiten gesehen, aber auch die Grundlage für ganzheitliche Heilung. Auch wenn diese Prinzipien uns vielleicht logisch erscheinen, sind sie im westlichen Denken kaum verankert und stehen oft im Gegensatz zur Symptombekämpfung der westlichen Medizin. Als Arztsohn möchte ich hier auch erwähnen, dass es auch im Ayurveda kein Allheilmittel für alle Krankheiten gibt, und unter bestimmten Umständen die Schulmedizin schneller und effektiver wirkt, oder sogar unersetzlich ist.
Moderner Lifestyle
und bestimmte Yoga- und Foodtrends, die – egal zu welcher Tages oder Jahreszeit – viel Bewegung, Schnelligkeit, Rohkost, Smoothies, etc. propagieren, machen aus ayurvedischer Perspektive nicht für jeden Sinn … sondern manchmal krank. Was für eine bestimmte Person zu einem bestimmten Zeitpunkt gesund ist, kann zu einem anderen Zeitpunkt krank machen, und für eine andere Person zu jeder Zeit problematisch sein.
Unterschiedliche Energietypen
Wie schon erwähnt, hat jeder Mensch eine unterschiedlich Konstiution, wobei meist zwei Qualitäten eine ausschlaggebende Rolle spielen (Dual-Typ). Eigentlich werden sieben Konstitutions-Typen unterschieden, aber zur Vereinfachung möchte ich hier nur die drei ‚Mono-Typen‘ vorstellen. Allerdings ist es wichtiger, jenes Doshas auszugleichen, das aus dem Gleichgewicht ist, als die genaue Grundkonstitution zu kennen, die gerade bei Störungen oft nicht leicht zu eruieren ist. Das ist auch der Grund, warum seriöse Vaidiyas von „do-it-yourself“ Dosha-Tests nichts halten.
Der Vata-Typ
kann z.B. ein luftiger und bewegungsfreudiger Mensch sein. Folgt er achtlos seiner rastlosen Tendenz indem er zu viel körperliche (und geistige) Bewegung oder Yoga macht (speziell am Abend), und nimmt er zusätzlich trockene und kühlende Nahrung zu sich, dann sind Gesundheitsprobleme vorprogrammiert. Das erhöhte Vata kann dann zu Verdauungsproblemen, Nervosität oder Schlafproblemen führen. Ruhige, meditative Übungen, frisch gekochtes und öliges Essen und warme Getränke können wie Medizin für Körper und Geist wirken.
Positive Eigentschaften: Leichtigkeit, Heiterkeit und Lebensfreude, Wachheit, Klarheit, Kreativität
Negative: Angst, Kummer, Traurigkeit, Unsicherheit, Depressionen
Weitere Qualitäten des Vata-Dosha: trocken, kalt, beweglich, leicht, klar, astringierend, sich ausdehnend.
Der Pita-Typ
ist feurig und leidenschaftlich unterwegs, und neigt zum Vergleich und Wettkampf. Ashtanga-Vinyasa Yoga mit seinen anspruchsvollen und aufbauenden Sequenz oder Hot-Yoga mit seinen Spiegelwänden ist für solche Ehrgeizlinge ein gefundenes Fressen. Zusätzlich kann würziges und öliges Essen zu Entzündungen und Schlafproblemen führen. Für so einen Charakter sind spirituelle Praktiken mit viel Liebe, Sanftheit und Gleichmut empfehlenswert und die Ernährung sollte eine kühlende Wirkung haben. Außerdem ist es ratsam, den Urlaub nicht in den Tropen zu verbringen.
Positive Eigenschaften: viel Energie, Charisma, Ausstrahlung, glühende Augen, zielgerichtete Energie, begeisterungsfähig.
Negative: Aggressionen, Neid, Hass, Eifersucht, Stolz
Weitere Qualitäten des Pita-Dosha: heiß, scharf, durchdingend, flüssig, sauer, ölig, fleischig
Der Kapha-Typ
Im Gegensatz zu Vata- und Pita-Typen kann sich für diesen gemütlichen und lustvollen Charakter viel körperliche und geistige Bewegung in Form von Sport, Hatha-Yoga und Denksport sehr positiv auswirken. Schlafreduktion und ein gesundes Level an Stress und Ehrgeiz kann der Tendenz zur Lethargie entgegen wirken. Wenn schwere, süße Nahrung und die Essensmenge nicht konsequent reduziert werden, kann es zu Übergewicht, Diabetes und anderen chronischen Krankheiten führen. Essen soll er gut gewürzt und heiß zu sich nehmen; und Snacking zwischen den Mahlzeiten soll vermieden werden; was gerade für einen Kaphatypen eine große Herausforderung ist, da das Verlangen meist groß und die Disziplin klein ist.
Positiv Eigenschaften: ruhige beständige Persönlichkeit, Geduld, Mitleid, Zärtlichkeit, Standfestigkeit
Negativ: fehlende Antriebskraft, Lethargie, Ignoranz, Trägheit. Er ist geistig festgefahren und unbeweglich
Weitere Qualitäten des Kapha-Dosha: kalt, feucht, dicht, schwer, ölig, langsam, süß, stabil, feucht
Zum Foto: Eine Öllampe, die während einer abendlichen Zeremomonie im „Vaidiyagrama Ayurvedic Healing Village„, angezündet wird. Meine Frau und ich besuchen seit 2012 diese nach ganzheitlichen Gesichtspunkten ausgerichtete Ayurveda-Klinik regelmäßig. Neben traditionellen ayurvedische Behanldungsmethoden sind dort auch folgende Aspekte und Projekte inkludiert: Gebäude nach Vastu-Prinzipien, Nachhaltigkeit, soziale Projekte, ein Kinderheim und eine spezielle „Community für Aussteiger & Pensionisten“ mit dem Motto: „Live simple, well, healthy & happy“
Mehr über Ayurveda und das richtige Timing kannst du im nächsten Blogbeitrag lesen.
Kategorie: Leben & Alltag, Spiritualität & Philosophie, Yoga