Yoga und Männer
Immer wieder werde ich gefragt (und frage ich mich selbst), warum so wenige Männer Yoga praktizieren. Vielleicht praktizieren aber viele männliche Zeitgenossen Yoga auf ihre Art; zwar nicht formal und bewusst auf der Yoga-Matte und auf dem Meditationskissen, sondern wenn sie Sport treiben, Bergsteigen, Fischen oder Jagen gehen.Ich kann gut nachvollziehen, dass man(n) - wenn man mit beiden Füßen fest und zufrieden auf dem Boden der Realität steht - mit Räucherstäbchen, trendigen Yogaklamotten, heiligen Riten und salbungsvollen Reden nichts am Hut hat.
Esoterische Weichspüler
Aber Yoga muss nicht immer von esoterischen Weichspülern verwaschen und von verträumten oder (schein-)heiligen Menschen praktiziert werden.
Aus meiner eigenen 30-jährigen spirituellen Erfahrung, die mich manchmal fast in den Tod getrieben oder zur Verzweiflung gebracht hat, kann ich dir sagen, dass es Kraft braucht, inne zu halten und sich ganz ehrlich zu spüren - und manchmal sogar mehr Mut - als beim Hochklettern senkrechter Wände, beim Ganztags-Shoppen mit deiner Frau oder beim nächtelangen Durcharbeiten für ein Projekt.
Mit Körper und Geist gegen die Wand
Warum müssen wir Männer oft erst mit unserem Körper und Geist gegen die Wand fahren, bevor wir realisieren, dass es im Leben Wichtigeres gibt als Geld zu verdienen, einen angesehenen Posten zu haben oder ein tolles Auto zu fahren? Im Yoga geht es nicht darum, ob ich Mann oder Frau, jung oder alt, flexibel oder verrostet, gestylt oder in Hippie-Klamotten, schüchtern oder Superman bin. Nein, es geht darum, dass ich lerne, mir und dem Leben zu vertrauen und daher weder mir noch der Welt etwas beweisen zu müssen.
Übrigens ist es paradox, dass Yoga früher ausschließlich von Männern für Männer bestimmt war und erst im letzten Jahrhundert mit dem Einzug im Westen zur Frauendomäne wurde. Umso mehr freue ich mich heute über jeden einzelnen Mann, der an Yoga interessiert ist!